In Ohl-Grünscheid wird wieder angestaut
Nachdem im Dezember noch das Umweltministerium der BUND Regionalgruppe Köln geschrieben hatte, dass in Ohl-Grünscheid nicht wieder angestaut wird, bevor die Sicherheitsüberprüfung abgeschlossen ist, wurde Ende Februar trotzdem mit dem Wiederanstau begonnen – probeweise. Der renaturierte Fluss mit seiner Aue, die sich seit 2019 auf dem niedergelegten Stau gebildet hatte, versank in den Fluten.
Die Bezirksregierung Köln hatte zu entscheiden: entweder sie hält sich an das schon 2021 von Ministerin Heinen-Esser gegebene Wort, das Ende 2024 bestätigt wurde, oder sie riskiert, einen von den Aggerkraftwerken angestrengten Prozess zu verlieren. Die Aggerkraftwerke hatten nämlich die Ursache für die Niederlegung der Stauanlage, das marode Wehr, behoben. Die Argumentation, dass die sogenannte vertiefte Überprüfung für den Wiederaufstau abgewartet werden müsse, zog nicht, weil bei allen anderen Stauanlagen an der Agger die vertiefte Überprüfung auch noch nicht abgeschlossen ist. Die vertieften Überprüfungen waren von der Bezirksregierung Köln 2016 mit einer Fristsetzung von zwei Jahren verfügt worden. Doch immer noch nicht sind die möglichen Wassermassen, die bei Extremereignissen wie z.B. an der Ahr 2021 an den Stauanlagen ankommen, in ihren Auswirkungen auf die Stauanlagen berechnet. Wie unsere Kreistagsfraktion bei einem Gespräch mit dem Aggerverband Anfang April allerdings erfahren hat, liegt dieses s.g. Niederschlags-Abfluss -Modell inzwischen jedoch vor. Damit ist der Kraftwerksbetreiber nun verpflichtet, die vertiefte Überprüfung der Standsicherheit seiner Anlagen gegenüber der Bezirksregierung nachzuweisen. Damit muss sichergestellt werden, dass die Anlieger unterhalb der Staustufen auch bei extremen Starkregen und folgenden Flutwellen nicht um Leib und Leben fürchten müssen.
Eine entsprechende Verfügung der zuständigen Behörde erwarten wir nun also in Kürze!
Erfreulich ist, dass zeitgleich mit der Genehmigung zum Wiederaufstau Ministerium und Bezirksregierung Köln den sogenannten „Oberberg-Erlass“ von 2016 kassiert haben. Dieser legte fest, dass der Betreiber von Wasserkraftanlagen an der Agger die rechtlichen Vorgaben des Wasserhaushaltsgesetzes (Mindestwasserführung, Durchgängigkeit und Fischschutz) solange nicht zu befolgen habe, bis im Rahmen der Feststellung des Sanierungsbedarfes nach Maßgabe der vertieften Überprüfungen und der Feststellung des Aufwandes für Fischaufstiegs- und Abstiegsanlagen absehbar ist, inwieweit Stromgewinnung an der Agger überhaupt noch ein tragfähiges Geschäftsmodell ist. Da die vertiefte Überprüfung im Erlass von 2016 zeitnah in Aussicht gestellt worden war aber immer noch nicht vorliegt, haben die Verantwortlichen nunmehr erkannt, dass sie die praktische Aussetzung des Wasserhaushaltsgesetzes an der Agger nicht weiter rechtfertigen können. Deswegen werden von der Bezirksregierung Köln die notwendigen Vorbereitungen getroffen, um Ordnungsverfügungen zur Durchsetzung der flussökologischen Bestimmungen des Wasserhaushaltsgesetzes zu erlassen.
Es ist ärgerlich, dass 2016 anstatt des „Oberberg-Erlasses“ nicht ein „kohärentes Gesamtkonzept“ für die Agger erstellt worden ist, wie es das Bundesverwaltungsgericht im s.g. Weser-Urteil gefordert hat. Das hätte Fehlinvestitionen vermeiden können und schneller zu einer frei-fließenden Agger geführt. Nunmehr sehen sich die Aggerkraftwerke mit der Auflage konfrontiert, durch eine vorgegebene Mindestwassermenge in Osberghausen, Ohl-Grünscheid und Ehreshoven I für das alte Aggerbett, Einbußen bei der Stromgewinnung hinzunehmen und an sieben Stellen technische Wanderhilfen zu erstellen. Dieser Millionenaufwand macht die Stromerzeugung an der Agger, zumal angesichts des derzeitigen Ausbau von regenerativer Stromgewinnung durch Sonne und Wind in Engelskirchen, wirtschaftlich sinnlos. Die Aufgabe der Stromgewinnung aber wird den Rückbau der Stauanlagen nach sich ziehen.
Es ist also eine Frage der Zeit, wann die Agger wieder frei fließt und die Natur, wie wir es in Ohl-Grünscheid erleben durften, wiederhergestellt ist.
Friedrich Meyer,
Wassernetz NRW Flussgebietskoordinator für die Agger